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Digitale Anlagenzwillinge für effizientes Fertigen

Eine attraktive Optik und ein optimaler Schutz der Karosse sind die klassischen Aufgaben der Automobillackiererei. Die Anforderungen an die Lackiererei haben sich dabei allerdings mannigfaltig gewandelt: Der Kundenwunsch nach individuellen Fahrzeugen, gepaart mit umweltverträglichen Fertigungsverfahren, stellen hohe Anforderungen. Effizientes und ökonomisches Fertigen sind hierfür die klaren Leitmotive. Eine wichtige Rolle spielen dabei Aspekte wie hohe Prozessstabilität von Beginn, Anlagenverfügbarkeit, Material- und Energieeffizienz. Automobilbauer und Lieferanten arbeiten dafür in allen Bereichen entlang der Prozesskette der Lackiererei an der Verbesserung bestehender und der Entwicklung neuer Lösungen.

Um den Marktanforderungen der steigenden Fahrzeugvielfalt und umweltverträglicher Fertigungsabläufe zu begegnen, wird im Automobilbau das Konzept der Digitalen Lackiererei verfolgt. Dieses basiert auf den drei ineinandergreifenden „Stellschrauben“ – digitale Durchgängigkeit vom Fahrzeugdesign bis zur Produktion, punktgenaue Automatisierung durch Industrieroboter und dem Ansatz des digitalen Anlagenzwillings.

 

 

Digitale Durchgängigkeit vom Fahrzeugdesign bis zur Produktion

Die digitale Verbindung vom Design zur Produktion benutzt die im Design definierten Geometriemerkmale für einen papierlosen, flexiblen und schnellen Informationsaustausch entlang der Werkschöpfungskette in der Lackiererei. Dadurch wird die Produktionsplanung neuer Baureihen beschleunigt und frühzeitig auf die Produktionslinien der Lackiererei gebracht. Die Beschleunigung des Informationsaustausches dient auch der Rückkopplung von Informationen aus der Produktionsplanung zurück ins Design, um Designkorrekturen frühzeitig zu berücksichtigen und späte Änderungen sowie zusätzliche Kosten zu vermeiden.

 

Punktgenaue Automatisierung mit Industrierobotern

Die Automatisierung in der Lackiererei hat sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Gab es früher noch recht starre Automatisierungslinien mit Appliziermaschinen oder auch manuellen Tätigkeiten, findet man heute flexible Stationen mit Industrierobotern. Der Einsatz von Industrierobotern erlaubt eine schnelle Neuprogrammierung – und man kann flexibel auf neue Baureihen oder Baureihenderivate reagieren.

 

Digitaler Anlagenzwilling

Unter einem digitalen Anlagenzwilling versteht man eine realitätsgetreue Nachbildung der Produktionsanlage am Computer. Um die Realität nachzubilden, ist es erforderlich, neben dem mechanischen Aufbau auch die elektrischen Komponenten, wie Steuerungen und elektrische Verbindungen sowie die Prozessschritte und das Prozessergebnis zu modellieren. Das bedeutet, dass beim Auftragen des Decklacks nicht nur die Bewegung der Industrieroboter zu simulieren ist, sondern auch der Auftrag des Decklacks selbst mit entsprechender Simulation der Schichtdicke erfolgen sollte.

Möchte man nun die Digitale Lackiererei umsetzen, bedarf es einer Simulationssoftware, die es durch ein skalierbares Datenmodell ermöglicht, die Geometrieinformationen aus dem Design zu übernehmen, die Prozessschritte und Prozesssimulationen zu unterstützen sowie das Simulationslayout im gesamten Projektverlauf zu verwenden. Zugegeben, komplexe Zusammenhänge. Genau diese will jedoch die 3D-Simulationssuite FASTSUITE E2 der CENIT AG bedienen: Anwender können mit dem Programm einen Digitalen Anlagenzwilling als exakte Kopie der Realität abbilden. Die Simulation hat dieselbe Struktur und das exakt gleiche Verhalten, wie die reale Anlage. Und der User am Bildschirm sieht keine Emulation, sondern eine vollgültige Simulation, basierend auf Anlagenkomponenten mit dem Verhaltensmodell.

 

 

 

 

Spielen wir am Prozess des Nahtabdichtens durch, wie das Zusammenwirken der digitalen Durchgängigkeit mit dem digitalen Anlagenzwilling wirkt – und welcher Nutzen daraus entsteht. Als Basis dient uns der digitale Zwilling, der sich im entsprechenden Einsatz bei einem süddeutschen Automobilbauer bereits bewährt hat:

Durch das Abdichten wird die Karosse geschützt gegen Feuchtigkeitseintritt und gegen Korrosion. Hierbei werden die Schweißnähte des Fahrzeugs mit speziellen PVC-Materialien abgedichtet. Dieser Versiegelungsprozess erfolgt hauptsächlich durch Roboter, welche von oben und unten die Dichtmasse an der Karosse applizieren. Alleine der Umfang des Nahtabdichtens beträgt 150 Meter Naht in komplexen Fahrzeug-Geometrien. Dies gilt es in Roboterprogramme umzusetzen.

Nun konzentrieren sich die gängigen Robotersimulations- und Programmiersysteme meist auf die Maschinenfähigkeiten, anstatt die Produkteigenschaften ins Auge zu fassen. Ein neuer und innovativer Lösungsansatz für Robotersimulation und Offline-Programmierung würde hier das sogenannte CAD-to-Path bieten: eine Methode, die eine konturbasierte Roboterprogrammierung ermöglicht. CAD-to-Path gründet auf dem Konzept der Prozess-Geometrien mit assoziativer Verknüpfung zum Produktmerkmal, das punkt-, kontur- oder flächenbasiert sein kann. Dies ermöglicht eine aktive Verbindung zwischen Produktmerkmal und Roboter-Offline-Programm, was letztendlich halbautomatische Roboterprogrammierung und automatische Updates möglich macht.

Anstatt nun die Konturlinie als Reihenfolge einzelner Punkte abzubilden, die mit Punkt-zu-Punkt und Linearbewegungen angenähert und im Teach-in-Verfahren programmieren wird, nutzt das CAD-to-Path-Verfahren der FASTSUITE E2 die Kontur als zusammenhängende Bahnlinie und nutzt zusätzlich Zirkularbewegungen für die Annäherung. Damit wird die Möglichkeit geschaffen, die Ausrichtung der Konturlinie als Ganzes zu interpolieren und manipulieren. Hierzu werden mittels entsprechender Suche die Konturen einfach in der Bauteilgeometrie aufgenommen oder gleich als Geometriemerkmal aus dem Design importiert. Je nach Anforderung können die Konturen linear und kreisförmig angenähert und mit geeigneten Versätzen versehen werden. Harmonische Bewegungen führen so letztlich zu der gewünschten Oberflächenqualität – bei optimiertem Materialverbrauch.

Anschließend werden die Nahtprogramme der einzelnen Roboter in den Stationen zusammengefasst, der Gesamtablauf simuliert und schlussendlich virtuell in Betrieb genommen.

Was sind nun die Vorteile im Einsatz des konturgestützten Nahtabdichtens? Zum einen Effizienz durch eine standardisierte Vorgehensweise mittels der CAD-to-Path-Methode: Durch die Nutzung von Prozesstechnologien und Methoden (Rezepten), die Wiederverwendung von Expertenwissen wird unter anderem die Standardisierung der Offline-Programmierung erreicht und damit auch die Time-to-Market reduziert. Auch die Programmerstellung gestaltet sich schneller, weil weniger Zeit für die Modellvorbereitung benötigt wird und die verschiedenen Nahtabschnitte effizienter programmiert werden können. Im Vergleich zu Standard-Roboter-OLP-Systemen ließe sich der Programmieraufwand nämlich um rund ein Drittel minimieren.

Ist die Digitale Lackiererei nun eine Vision? Mitnichten, sie ist bereits real im Einsatz. Dies gilt übrigens nicht nur für das gezeigte Nahtabdichten, sondern auch für das Spritzen von Dämmmatten, Schäumen und Konservieren von Hohlräumen sowie das Lackieren der Karosse. Mit entsprechender Software-Unterstützung lassen sich auch hier erhebliche prozessuale Optimierungen realisieren. Die Automatisierung durch Industrieroboter verdeutlicht somit den Bedarf an intelligenten und effizienten Programmiersystemen. Basierend auf einem durchgehend digitalen Backbone sichern diese letztendlich realen Fortschritt.

MODERATOREN:

Thomas Flaig, Senior Account Manager - Linkedin

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